Wenn kein zweiter Nationalpark – was dann?

Schutzgebietsschild mit Fragezeichen vor Landschaft

Bei der Mitgliederversammlung der LNU im April 2024 in Dortmunder Keuninghaus haben Vertreterinnen und Vertreter der Bereiche, die für einen zweiten Nationalpark in NRW in Frage kommen könnten, referiert und die örtlichen Erfahrungen dargestellt: Weder im Ebbegebirge im Märkischen Sauerland noch im Eggegebirge mit den Kreisen Paderborn und Höxter, weder im Arnsberger Wald mit Hochsauerlandkreis und Kreis Soest noch im Rothaargebirgsbereich, insbesondere mit dem Kreis Siegen-Wittgenstein, noch im Reichswald am Niederrhein haben sich in den jeweiligen Kreistagen politische Mehrheiten gefunden, die für einen zweiten Nationalpark eintreten. Unisono wurde festgestellt, dass, obwohl CDU und Grüne die Landesregierung stellen und sich in ihrem Koalitionsvertrag für einen zweiten Nationalpark aussprechen, die örtlichen CDU-Vertreter einschließlich der Landtagsabgeordneten gegen einen Nationalpark in ihrer Region votieren. 

Naturschutzverbände haben versucht, über ein Bürgerbegehren die Kreistage zu einer weiteren Befassung zu veranlassen. Für den Nationalpark Eggegebirge kamen genügend Interschriften zusammen, so dass die Kreistage einen Bürgerentscheid einzuläuten hatten. Die Bürgerschaft bestätigte in beiden Kreisen den Willen des Kreistags – kein Nationalpark!

Im Kreis Kleve für einen Nationalpark Reichswald sind die Entscheidungen noch nicht endgültig getroffen. Auch dort kann es zu einem Bürgerentscheid noch kommen – schon jetzt aber werden Zweifel laut, ob hier die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger den zweiten Nationalpark befürwortet, zumal die frühere Landrätin des Kreises, Silke Gorissen, heute Ministerin für Landwirtschaft, sich bisher nicht dafür eingesetzt hat.  

Da sich abzeichnet, dass diese Landesregierung ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag nicht bereit ist einzulösen, stellt sich für die LNU die Frage, wie mit den Gebieten, die weitgehend dem Land NRW gehören, umzugehen ist: Sie unterliegen sämtlich einem Schutzcharakter, können allerdings weiter bewirtschaftet werden.

Wenn kein Nationalpark, dann Wildnisgebiet? Dies könnte das Land selbst ausweisen – wie im Übrigen auch einen Nationalpark – und die Bedenken der Kreise vielleicht eher ausräumen, wenn weite Teile der Flächen zu einem Wildnisgebiet ausgewiesen werden. 

Der Haken aber dabei für das zuständige Umweltministerium: Wenn staatseigene Waldflächen aus der Nutzung genommen werden, bringen sie für den Landesbetrieb Wald und Holz keinen finanziellen Ertrag mehr. Das heißt für das Landwirtschaftsministerium und den Landesbetrieb: Entschädigung muss her – was hätte in etwa den nächsten 20 oder 25 Jahren aus diesem Wald an Holzertrag herausgeholt werden können? Leicht sind Millionenbeträge errechnet – und da das Umweltministerium vorsorglich mit Blick auf den Etat 2025 schon ankündigt, dass 300 Millionen eingespart werden müssen, ist leicht abzusehen, dass für neue Projekte kaum noch etwas übrig bleibt. 

Trotzdem werden wir als LNU hier ansetzen müssen – nicht für alle Gebiete, aber vielleicht für OWL und den Arnsberger Wald. Beide Gebiete verfügen über die naturräumliche Ausstattung und sind würdig, über den reinen Schutzfaktor FFH-Gebiet und Naturschutzgebiet hinauszukommen. Ohne dass damit, wie vielfach befürchtet, Gebiete abgeschlossen und nicht mehr zugänglich sind. Bestehende Wege für Wanderungen und Naherholung bleiben bestehen, ringsherum erfolgt aber kein Eingriff mehr, kein Holzeinschlag, die Natur kann sich entwickeln, wie sie es „von Natur aus“ tun würde.