NRW will im Koalitionsvertrag einen zweiten Nationalpark – aber wo?
Mitgliedsverbände werben für ihre Region
Die Landesregierung hat sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf geeinigt, einen zweiten Nationalpark in NRW auszuweisen. Der erste wurde vor 20 Jahren in der Eifel bei Schleiden-Gemünd auf einem ehemaligen NATO-Truppenübungsplatz errichtet rund um die von den Nazis gebaute Ordensburg Vogelsang, ein imposantes aus Bruchstein erstelltes Gebäudeensemble.

Bis Ende März 2024 können sich, so der Aufruf der Landesregierung, Regionen, Kreise, Zweckverbände um einen zweiten Nationalpark bewerben. Die Entscheidung liegt letztlich aber in Düsseldorf. Als mögliche Gebiete hat die Landesregierung in einer Karte größere landeseigene Flächen, in aller Regel betreut vom Landesbetrieb Wald und Holz, dargestellt – dabei handelt es sich um das Eggegebirge, das Ebbegebirge, den Arnsberger Wald, den Reichswald, den Hürtgenwald und das Rothaargebirge.
Überall haben sich Befürworter der jeweiligen Bereiche gebildet, darunter auch LNU-Mitgliedsverbände, die mit Verweis auf das naturschutzfachlich bedeutsame Arteninventar einen zweiten Nationalpark an dieser Stelle begrüßen würden.
Der LNU-Vorstand hat mehrfach in seinen Sitzungen das Thema besprochen und sich gegen die Unterstützung eines oder mehrerer Mitgliedsverbände für ihre Region entschieden.
Stattdessen plädiert die LNU dafür, mehrere Nationalparke auszuweisen, sofern die Grundstücksverhältnisse und die Biodiversität dies ermöglichen.
Hier der Beschluss des Vorstands im Wortlaut:
Die Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt (LNU) NRW begrüßt die Absicht der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen, nach dem Nationalpark Eifel einen zweiten Nationalpark in NRW einrichten zu wollen. Der Nationalpark in der Eifel mit den landeseigenen Flächen hat sich nach der Arrondierung und dem teilweisen Umbau des Waldbestands zu einem Gebiet entwickelt, das großflächig Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten bietet, der Bevölkerung mit einem ausgeschilderten Wegenetz Naturerleben und Wandervergnügen ermöglicht und den Anrainerkommunen einen zusätzlichen touristischen und damit auch wirtschaftlichen Aufschwung verschafft hat.
Die Eifel und ihre Bevölkerung steht hinter dem Nationalpark, eine wesentliche Voraussetzung für Annahme und Gelingen des im Koalitionsvertrag der Landesregierung ausgewiesenen Ziels.
Obwohl die Landesregierung nach rein fachlichen Gesichtspunkten einen Nationalpark ausweisen kann, hält die LNU eine möglichst breite gesellschaftliche Unterstützung in der jeweiligen Region für erforderlich.
Mehrere Mitgliedsverbände der LNU haben in ihrem Wirkungsbereich insbesondere naturschutzfachliche Argumente zusammen mit anderen Akteur:innen angeführt, die für einen zweiten Nationalpark sprechen – etwa der LNU-Mitgliedsverband Förderverein Nationalpark Senne, der zusammen mit anderen Umweltverbänden einen Nationalpark vom Teutoburger Wald bis hinunter ins Eggegebirge auf den landeseigenen Flächen in Ostwestfalen seit langem fordert.
Andere Mitgliedsverbände wie der Sauerländische Gebirgsverein SGV und die Arbeitsgemeinschaft Biologischer Umweltschutz im Kreis Soest (ABU) machen sich stark für einen Nationalpark Arnsberger Wald.
Für die LNU bedeutet dies:
1. In Nordrhein-Westfalen gibt es eine Reihe nationalparkwürdiger Flächen, die weitgehend im Besitz des Landes Nordrhein-Westfalen sind oder einem anderen Träger öffentlichen Eigentums gehören (Bundesrepublik, Kommunen, Kreise). In aller Regel haben sie aufgrund ihrer Besonderheit und ihren naturschutzfachlichen Gegebenheiten, etwa was die Artenvielfalt oder die Seltenheit eines besonderen Landschaftstyps angeht, bereits einen hohen Schutzstatus – in aller Regel Naturschutzgebiet, FFH-Gebiet oder Vogelschutzgebiet.
2. Ein Nationalpark in NRW sollte daher dort ausgewiesen werden, wo zusätzlich zu dem bereits vorhandenen Schutzfaktor weitere Flächen mit hoher ökologischer Bedeutung hinzugefügt werden können und sich ein in sich stimmiges, weitgehend unzerschnittenes Gebiet mit einem hohen Entwicklungspotential letztlich darstellt.
3. Demzufolge geht es der LNU vorrangig darum, die Bereiche in NRW mit einem ökologisch hochwertigen Inventar weiter zu stärken, zu sichern, auszuweiten, gegenüber konkurrierenden Nutzungen durch breite Pufferzonen zu schützen und damit den Anteil an Naturschutzgebieten mit verbindenden Korridoren deutlich zu erhöhen. Damit wird der Forderung nach einer erheblichen Förderung eines Biotopverbund-Systems nachgekommen.
4. Ob diese Flächen letztlich den IUCN-Kriterien, die an einen Nationalpark internationaler Prägung gelegt werden, ist dabei zweitrangig, zumal die Möglichkeit kraft Gesetz besteht, einen Nationalpark in eigener Entscheidung auszuweisen.
5. Die LNU spricht sich daher dafür aus, die Anzahl von Nationalparken in NRW nicht auf zwei zu beschränken, sondern ihre Anzahl von den naturschutzfachlichen Gegebenheiten und den Grundstücksverhältnissen abhängig zu machen.
6. Durch diese Vorgehensweise würde der sich abzeichnende „Wettbewerb“, der mit Frust und Enttäuschung bei Ablehnung einhergehen könnte, vermieden werden und eine Abwägung erheblich erleichtern, da die seitens der Landesregierung ins Spiel gebrachten Bereiche sich auf landeseigene Liegenschaften, gut verteilt über alle Regionen, weitgehend alle berücksichtigen würden: Ostwestfalen, Südwestfalen, Niederrhein und Eifel.
In diese Überlegungen einer breiteren Verteilung über das Land sollten auch Erwägungen einbezogen werden, grenzüberschreitend tätig zu werden, etwa mit der Weseraue hinüber nach Niedersachsen sowie mit den Maasdünen und dem Lüsekamp im deutsch-niederländischen Grenzgebiet. In beiden Fällen stehen gleichfalls große Flächen bereits unter Naturschutz und bieten weiteres Entwicklungspotential, etwa durch die Hinzunahme zusätzlicher Flächen bzw. die Optimierung des vorhandenen Schutzzwecks.